110 Jahre Dreibrück: Ein Ort mit bewegter Geschichte und lebendiger Gegenwart
Mit einem lebendigen Gottesdienst und buntem Programm feierten die Dreibrücker im Juni ihr 110-jähriges Jubiläum. „Wissen Sie noch, wie alles begonnen hat?“, fragte Diakon Hartwin Schulz gleich zu Beginn des Gottesdienstes die Bewohner und Gäste. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: „Klar doch. Das zeigen erzählen wir gerne.“ Und schon ging es los mit einer Zeitreise durch Geschichte. Männer - einen Leiterwagen ziehend - beladen mit Koffer und Kochgeschirr zogen durch die Reihen. „Wir kommen aus Berlin, sind arm und obdachlos“, sagten sie. „Pastor Onnasch aus Lobetal hat uns hierher eingeladen, damit es uns bessergeht. Er versprach uns Arbeit und ein Dach über dem Kopf.“ Arbeit statt Almosen war das Motto von Pastor Onnasch. Auf dem Bauernhof, umgeben von sumpfigen Luchwiesen, gab es viel zu tun. Die Männer machten sich mit einfachen Arbeitsgeräten ans Werk. „Wir legen den Sumpf trocken und machen das Land fruchtbar“, sagten die Spieler. Bald konnten die ersten Früchte geerntet werden. „Wollt Ihr mal probieren?“, fragten sie die Gäste und verteilten leckere Paprika, Tomaten und kleine Gurken. Die Gäste applaudierten.
Geschäftsführerin Jeannette Pella blickte in ihrem Grußwort dankbar auf Dreibrück: „Sie haben eine wechselhafte Geschichte erlebt. Viele Kolleginnen und Kollegen - damals wie heute - engagieren sich dafür, dass es allen, die hier leben, wohnen und arbeiten, gut geht. Ihnen allen danke ich von Herzen.“
Heute befinden sich auf dem Gelände Häuser für gemeinschaftliches Wohnen für 83 Menschen mit kognitiven Einschränkungen, Werkstatträume der Hoffnungstaler Werkstätten für Menschen mit Behinderung, tagesstrukturierende Angebote, Verwaltungsräume und die Landwirtschaft.
Mitarbeiterin Manuela Sammler überraschte uns mit einem Text, den sie zur Melodie „Geh aus mein Herz und suche Freud“ geschrieben hat. Alles sangen dabei kräftig mit.
Dreibrück wird hundert und zehn Jahr,
das ist doch einfach wunderbar,
ein kleiner stiller Ort;
vor langen Zeiten er entstand,
drei Brücken führn zum festen Land,
wo einst mal Moor gewesen,
kann man jetzt Schilder lesen.
Es ward erbaut im flachen Luch,
es war kein einfacher Versuch
hier Menschen aufzunehmen;
doch kamen viele krank, alt und stumm,
der Lebenssturm warf sie einst um,
sie ließen sich hier nieder
und fanden Hilfe wieder.
Es hat verändert sich Dreibrück,
in einem langen Lebensstück,
doch wird es weitergehen;
hier schlägt ein Herz das ist sehr alt,
ist nicht aus Stein und auch nicht kalt;
aus Glaube, Hoffnung, Liebe –
trägt immer neue Triebe.
Während der Feier war in großen Buchstaben das Motto zu diesem Festtag zu lesen und brachte die gute Geschichte und den Geist Dreibrücks auf den Punkt: „Gott schenkt uns diesen Ort der Gemeinschaft. Gott schenkt uns diesen Ort zum Feiern.“
Reise durch die Geschichte
Im Jahr 1914 wurde Dreibrück als Arbeiterkolonie gegründet. Pastor Onnasch, der damalige Leiter der Hoffnungstaler Anstalten in Lobetal, erwarb den Landgasthof "An den drei Brücken" mit dem Ziel, Arbeits- und Obdachlosen aus Berlin ein besseres Leben zu ermöglichen. Die Arbeiterkolonie sollte diesen Menschen Arbeit anstelle von Almosen bieten. Auf dem Gelände befanden sich ein Gasthof und Stallungen, umgeben von sumpfigem Land, das urbar gemacht wurde. Dort wurden verschiedene Feldfrüchte angebaut. Die Landwirtschaft besteht bis heute fort.
Bis 1920 kamen immer mehr Menschen aus Berlin nach Dreibrück, um dort Arbeit und eine neue Heimat zu finden. Im Jahr 1930 wurde der Nachbarhof "Westfälischer Hof" erworben und später in "Haus Sternblick" umbenannt.
Während des Zweiten Weltkriegs verringerte sich die Bewohnerzahl drastisch aufgrund von Einberufungen zum Kriegsdienst. Kriegsgefangene aus Frankreich arbeiteten auf den Feldern von Dreibrück. Zwei Bewohner mit jüdischen Wurzeln wurden deportiert und ermordet, während Homosexuelle ins Gefängnis gesperrt wurden.
Nach dem Krieg wurde Dreibrück von der Roten Armee besetzt, bevor 1950 der Wiederaufbau begann. In der Nachkriegszeit fanden viele Flüchtlinge in Dreibrück Zuflucht, jedoch litten viele unter Hunger und Nahrungsmittelknappheit. Etliche starben an Unterernährung.
Im Laufe der Zeit entwickelte sich Dreibrück zu einer Einrichtung für Menschen mit kognitiven Einschränkungen und für pflegebedürftige Menschen. Es wurden verschiedene Bauprojekte durchgeführt, um den Bewohnern ein besseres Leben zu ermöglichen. Beispielsweise entstanden im Jahr 1997 die Häuser "Am Prinzendamm" im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus. 1991 wurde eine Werkstatt für behinderte Menschen eröffnet, gefolgt von einem Förder- und Beschäftigungsbereich im Jahr 1999. Im November 2010 wurde eine neue Werkstatt für behinderte Menschen eingeweiht.
Heute befinden sich auf dem Gelände von Dreibrück Häuser für gemeinschaftliches Wohnen für 83 Menschen mit kognitiven Einschränkungen, Werkstatträume der Hoffnungstaler Werkstätten für Menschen mit Behinderung, tagesstrukturierende Angebot, Verwaltungsräume und die Landwirtschaft.
Und trotz seiner Insellage: Es gibt in Dreibrück nicht nur ein innerörtliches Leben, man vernetzt sich mit dem Sozialraum, auch jenseits der Einkaufsfahrten. Viel arbeitet man mit den Mosaik-Werkstätten in Kuhhorst zusammen, trifft sich zu gemeinsamen Veranstaltungen und Festen. Erst kürzlich belegten die Dreibrücker den zweiten und dritten Platz beim Kegeln mit Handicap des SV 90 Fehrbellin. Dreibrück organisiert Projekttage für Pflege- und Förderschulen und stellt sich regelmäßig an einem Stand in Hakenberg bei Veranstaltungen zur Schlacht bei Fehrbellin vor.
Fotos: © Wolfgang Kern